Mit 22 im Pflegezentrum – eine ungewöhnliche Geschichte
Joseph Kristofer Savino aus den USA ist 22 Jahre alt und Student in Deutschland. Im Frühjahr 2018 kam die Information vom Arzt, er bräuchte eine Hüftoperation. „Von mindestens zehn Kilometer Laufen am Tag zu bettlägerig – das war schwer für mich“, erklärt Savino.
Der US-Amerikaner aus New Jersey studiert Jura in Münster. „Ich habe an der High School Deutsch gelernt und dann verbrachte ich ein halbes Jahr bei Familienfreunden in Deutschland“, blickt der Student zurück. Freunde seiner Mutter leben in Essen-Heisingen. Dort verlebte er immer wieder die Sommerferien und entschied sich, nachdem er die Sprache sehr gut beherrschte, für ein Studium in Deutschland.
Anfang August wurde er an der Hüfte operiert. „Es war im Vorfeld direkt klar, dass ich Hilfe beim Anziehen, Duschen und vielen anderen Dingen brauchen werde.“ Ohne Angehörige in Deutschland benötigte er eine Lösung für die sechs Wochen, die er Pflege bedürfen würde. „Ich wollte gerne nach Essen, damit mich meine Gastfamilie besuchen kann.“ Also musste er sich selbst eine Kurzzeitpflege organisieren. Er recherchierte im Internet, telefonierte mit der Krankenkasse und besuchte Pflegezentren. Wohnort in Münster, Operation in Dortmund, aber Kurzzeitpflege in Essen: eine ungewöhnliche Konstellation, die viel Absprache und auch Einsatz der beteiligten Einrichtungen bedurfte.
Nach zwei Wochen im Krankenhaus kam Joseph Savino im Liegendtransport in das 2017 eröffnete DRK-Pflegezentrum Solferino in Essen-Horst: „Es ist alles neu und modern, ich fand es direkt gemütlich.“ Langsam baute er Kontakt mit anderen Bewohnerinnen und Bewohnern auf, die fast durchweg über 50 Jahre älter als er sind. Begeistert berichtet er von der letzten Runde „Stadt, Land, Fluss“.
Doch wie verbringt so ein junger Mann seine Zeit im Pflegezentrum? „Ich habe viel auf meinem Rechner gezockt. Auch mit meinen Kumpels in den USA.“ Unter den Tisch in seinem Zimmer konnte er mit dem Rollstuhl nicht fahren, um dort den Computer abzustellen. „Dann habe ich mir gedacht, das Bett ist doch höhenverstellbar und habe es einfach tagsüber als Tisch für meinen Rechner benutzt.“ Die Semesterferien nutzte er intensiv zum Lernen und Lesen. „Hier fühlt es sich ein Bisschen an wie in einem Hotel. Vor allem gar nicht so wie im Krankenhaus“, freut sich der Student. „Und in Dortmund und Münster hätte ich auf alle Fälle weniger Besuch bekommen. So hatte ich immer wieder Abwechslung in den vergangenen sechs Wochen.“
Seit wenigen Tagen läuft Savino an Krücken, den Rollstuhl hat er bereits aus seinem Zimmer verbannt: „Endlich kann ich wieder selbst duschen und mich anziehen.“ Heute verlässt er das DRK-Pflegezentrum Solferino, dann sind es noch sechs Monate mit den Krücken, die er wieder in seinem Studentenwohnheim in Münster verbringt.